BILD
LENI RIEFENSTAHL
BIOGRAPHIE
Leni Riefenstahl hat sehr viele interessante Exposees geschrieben, die zum Teil wegen der Kriegsjahre oder anderer Schwierigkeiten, die sie in ihren Memoiren beschreibt, nicht realisiert werden konnten. Darunter befinden sich auch Projekte, die in der Filmkunst bahnbrechend gewesen wären. Zum Beispiel die Verfilmung der »Penthesilea« nach Heinrich von Kleist oder »Die roten Teufel« und »Friedrich und Voltaire«, wo Jean Cocteau die Rollen von Friedrich und Voltaire spielen wollte, aber auch die Filme über »Van Gogh«, »Die schwarze Fracht«, ein Film über den modernen Sklavenhandel, »Der Tanz mit dem Tod« oder »Drei Sterne am Mantel der Madonna«, auf Wunsch von Anna Magnani geschrieben, waren ungewöhnliche Themen.

Schon 1926 konnten zwei Filmstoffe, von denen Leni Riefenstahl ganz besonders begeistert war, nicht realisiert werden, obgleich die Ufa mit ihren Vorbereitungen für beide Filme schon weit vorangeschritten war. Dr. Fanck hatte in beiden Manuskripten faszinierende Rollen für seine Hauptdarstellerin geschaffen. Wegen eines Streits zwischen Luis Trenker und Dr. Fanck stoppte die Ufa ihre Vorbereitungen und beauftragte Dr. Fanck, anstelle dieser zwei sehr kostspieligen Filme neue Vorschläge zu machen für Filme, die nur die Hälfte kosten dürften. Leni Riefenstahl war verzweifelt, denn, so sagte sie noch nach Jahren, es wären die schönsten Filmstoffe gewesen, die Dr. Fanck je geschrieben hatte. Die Titel waren »Wintermärchen« und »Die schwarze Katze«. Der Inhalt des Wintermärchens: Ein elternloses Geschwisterpaar, das in der Stadt lebt, erbt von der Großmutter eine kleine Hütte in den Bergen. Bei einem Schneesturm verläuft sich der kleine vierjährige Bub und schläft unter einer Tanne erschöpft ein. Während seine siebzehnjährige Schwester verzweifelt nach ihm sucht, hat das Kind einen phantastischen Traum der dem Regisseur Dr. Fanck die Möglichkeit bietet, in einmaligen Bildern zu schwelgen.
Bei diesem Stoff war optisch besonders der Gegensatz reizvoll, denn die Handlung des Films spielte sich in der Düsternis des Ruhrgebietes und in der im Sonnenlicht glitzernden Eis- und Schneelandschaft des Riesengebirges ab. Eine zauberhafte Handlung ­ halb Wirklichkeit, halb Märchen.

Die schwarze Katze: Das beste Manuskript von Dr. Arnold Fanck. Ein Dolomiten-Kriegsfilm nach einem Erlebnis unseres Kameramannes Hans Schneeberger. Die große Sprengung am Casteletto ist das Hauptthema des Films. Schneeberger hat im Weltkrieg als Leutnant die Stellung mit 60 Mann bis zum letzten Augenblick gehalten, dann wurde sie in die Luft gesprengt und mit ihm alle verschüttet. Er konnte nur mit acht Mann aus den Trümmern gerettet werden. »Die schwarze Katze« ist in dem Film die Tochter des Bergführers Innerkofler, wegen ihrer kühnen Kletterkünste »Die schwarze Katze« genannt, war eine wunderbare Rolle für Leni Riefenstahl. Aber wieder scheiterte dieses Filmvorhaben an Luis Trenker. Er machte aus der schwarzen Katze einen schwarzen Kater, eignete sich das Manuskript von Dr. Fanck an und begann, zum Entsetzen von Dr. Fanck und der Ufa selbst mit dem Drehen des Films ­ ein unglaubliches Plagiat. Da sich Dr. Fanck mit einem Prozess nicht belasten wollte wurde diese schlimme Angelegenheit aussergerichtlich geregelt. Trenker nannte seinen Film »Berge in Flammen«. Es war sein erster Film und er wurde ein großer Erfolg. Von nun an trennten sich Dr. Fanck und Trenker.

Aber nicht nur Dr. Fanck hatte damals das große Pech, es traf auch Leni Riefenstahl. Seit langem war es ihr Wunsch gewesen, unter der Regie eines sehr guten Spielfilm-Regisseurs arbeiten zu können ­ denn für Dr. Fanck waren die Hauptdarsteller die Berge. Nun erhielt sie zum ersten Mal diese Chance. Die Ufa engagierte sie - es war für eine Schauspielerin eine Spitzenrolle, »Mademoiselle Docteur«, die authentische Geschichte einer Spionin, die im Ersten Weltkrieg für die deutsche Abwehr arbeitete. Leni Riefenstahl war überglücklich. Als Regisseur wurde Frank Wysbar, einer ihrer damaligen Lieblingsregisseure und Gerhard Menzel als Drehbuchautor verpflichtet. Aber das Glück währte nicht lange. Ein Briefbote überbrachte ihr ein Schreiben mit der Hiobsnachricht, dass die Ufa leider den Film nicht machen wird, da das Wehrmachtsministerium für keinen Spionagefilm mehr die Genehmigung erteilen würde mit der Begründung, ein Spionagefilm würde zuviel Einblick auf diesem Gebiet gewähren. Zutiefst verzweifelt musste Leni Riefenstahl anstatt die »Mademoiselle Docteur« spielen zu können, für Hitler den Nürnberger Reichsparteitagfilm »Sieg des Glaubens« verfilmen dem dann der »Triumph des Willens« folgte. Durch diese Auftragsfilme war sie gezwungen, jahrelang auf ihre Arbeit als Schauspielerin zu verzichten.



Erst 1938 glaubte Leni Riefenstahl, dass sie sich nach vielen Jahren harter Arbeit, sie hatte gerade ihre Olympiafilme fertiggestellt, ihren Wunsch erfüllen könnte, doch noch als Filmschauspielerin eine große Rolle gestalten zu können. Es war »Penthesilea«, die letzte Amazonenkönigin, die Heinrich von Kleist so genial beschrieben hat. Ihre Filme waren so erfolgreich, dass sie selbst die Produktion dieses gigantischen Filmwerks übernehmen konnte. Marschall Balbo, der italienische Gouverneur von Lybien, stellte ihr 1000 weisse Araberpferde zur Verfügung ­ die Schlachtszenen sollten in der lybischen Wüste und in den Sanddünen von Sylt gedreht werden. Im Frühjahr 1939 ließ Leni Riefenstahl eine große Anzahl junger Sportlerinnen als Amazonen ausbilden. Sie selbst erlernte ebenfalls das Reiten ohne Sattel. Der Kampf der Geschlechter war nicht als gefilmtes Theater geplant, vielmehr sollte die Verssprache von Kleist mit stilisierten Bildvisionen eine Einheit bilden. Die Regisseurin bereitete die Dreharbeiten vor, engagierte die Schauspieler und den Stab, suchte Lipizzaner und Doggen für den Film aus. Doch der Kriegsausbruch am 1. September 1939 zerstörte auch dieses einmalige Filmprojekt.



Spätere, nicht realisierte Filmprojekte:

Die roten Teufel




Der Skifilm variiert das Penthesilea-Thema als Komödie ­ den Kampf der Geschlechter auf Skiern. Die Farben rot, blau, gelb sollten eine dramaturgische Funktion haben ­ eine neue filmische Gestaltung. Die weltbesten Skiläufer und Skiläuferinnen waren für den Film engagiert, ebenso Vittorio de Sica und auch die damals noch unbekannt Brigitte Bardot. Die Finanzierung hatte der Herzogfilm-Verleih übernommen. Aber wenige Tage vor Drehbeginn erschienen in der Presse so schwerwiegende Verleumdungen und Angriffe gegen das Filmprojekt, dass sich der Herzog-Filmverleih gezwungen sah, die Arbeiten abzubrechen.

Auch die nächsten Projekte konnten nicht realisiert werden.

Vincent van Gogh
Ein Film über die Leidenschaft des Künstlers, über Genie und Wahnsinn. Gedreht werden sollte die realistische Handlung in schwarz/weiss, in Farbe nur Aufnahmen, in denen man sieht, wie van Gogh malt und wie seine Bilder entstehen.

Friedrich der Große und Voltaire
Das Thema war die ungewöhnliche, freundschaftliche Beziehung zwischen dem Preußenkönig und Voltaire. Jean Cocteau plante, beide Rollen zu übernehmen ­ eine filmische Sensation.

Afrikanische Symphonie
Afrika wird aus vier verschiedenen Blickwinkeln gesehen: aus dem realistischen des Reporters, dem surrealistisch-romantischen des Künstlers, dem abenteuerlichen des Jägers und dem ethnologischen des Wissenschaftlers.

Ewige Gipfel
Ein dokumentarischer Film über vier historische Erstbesteigungen in vier verschiedenen Ländern. Dem wirklichen Geschehen nachinszeniert. In Italien die »Drei Zinnen«, in der Schweiz die »Eiger-Nordwand«, in Frankreich der »Montblanc« und in Indien der »Mount Everest«.

Sol y Sombra (Sonne und Schatten)
Dokumentarfilm über die religiöse, künstlerische und architektonische Vielfalt Spaniens.

Der Nil
Ein Dokumentarfilm über das Leben und die Kulturen der verschiedenen Naturvölker, die an den Ufern des Nils leben.

Die Schwarze Fracht



Ein Film über den modernen Sklavenhandel nach einem Buch von Otto Meissner und Unterlagen der Anti-Slavery Society aus London.
Eine Wissenschaftlerin sucht ihren in Afrika verschollenen Mann und wird in den modernen Sklavenhandel verwickelt.

Allein unter den Nuba

Dokumentarfilm über das Leben der Nuba. Leni Riefenstahl filmt im Winter 1964/65 in Tadoro die Ringkämpfe der Nuba, die kultischen Handlungen, die Tänze und das Alltagsleben. Das neue, besonders lichtempfindliche ER-Material verdirbt bei der Entwicklung. Leni Riefenstahl konnte diese Aufnahmen nicht mehr wiederholen, da die Zivisilation die alten kultischen Sitten der Nuba zerstört hatte. Sie konnte den Film nicht fertig stellen.

Korallenriffe ­ Impressionen unter Wasser

Ein Dokumentarfilm über die faszinierende Welt unter Wasser. Leni Riefenstahl hat einige Jahre an den schönsten Riffen in der ganzen Welt gefilmt. Sie sagt: Ich brauche keine Handlung und auch keinen Kommentar, die Bilder müssen erzählen. Aus gesundheitlichen Gründen konnte sie bisher den Film nicht fertig stellen.









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